Schauspieler Christian Ewald  fotoworx.de

Agentur Siewert und Knittel

 
<< zum Profil
Bühnenfechten

Bei der Arbeit am Theater ist der wesentlichste

 

Bestandteil der Dialog. Wenn die Worte aber enden und im Textbuch steht: „...sie fechten”..., was dann?

   
  Dann will der Zuschauer Taten sehen! Der archaische Kampf Mann gegen Mann gehört zu den Höhepunkten auf der Bühne. Konflikte, bisher verbal ausgetragen, finden in eine neue Form und werden körperlich sichtbar. Bühnengefechte sollte immer die Fortsetzung eines gesprochenen Dialoges sein. Sie setzen sich zusammen aus kraftvollen, ausdrucksstarken körperlichen Bewegungen, aus Rhythmus, Klang der Waffen und großen Emotionen. Die existenzielle Gewalt, die sich im Kampf eruptiv entlädt, führt die dramaturgischen Bögen entweder zu einem Abschluss oder zu einem entscheidenden Wendepunkt. Genau wie in einer gut gebauten Geschichte unterliegt ein Fechtkampf einem eigenem Rhythmus, einer individuellen inneren Bewegung mit Beginn, Zenit und Ende. Wie in einem Gespräch kommt es auch beim Bühnenfechten hin und wieder zu Zäsuren, ja manchmal sogar zu Pausen, aber nie zum vollkommenen Stillstand.
 
 
In Japan standen sich einmal zwei alte Kendo-Meister in einem Wettbewerb gegenüber. Eine Glocke ertönte zum Zeichen des Kampfbeginns. Die beiden Meister stellten sich gegenüber, nahmen ihre Kampfposition ein und starrten sich gegenseitig lauernd an, ganz still, 5 Minuten. Die Glocke ertönte erneut, und der Kampf wurde als unentschieden beendet. Haben die beiden denn nun überhaupt gekämpft? -
 
Natürlich! Fechtkämpfe, auf der Bühne oder im Sport sind immer auch ein geistiges Kräftemessen. Keiner der beiden erfahrenen Kendo-Meister hat dem anderen eine Blöße gezeigt, keiner gab dem anderen die Chance, den ersten Schlag zu wagen, und somit kam es auch nicht zu einem sichtbaren Schlagabtausch. Die Berichte über diesen Kampf überlieferten allerdings auch, dass zwischen diesen beiden „alten Meistern" eine Spannung in der Luft lag, die zum Greifen gewesen sein soll. Ein bisschen von dieser gespannten Energie sollte man in allen Bühnengefechten wiederfinden. Eine anspruchsvolle, komplexe und äußerst schweißtreibende Angelegenheit!